Zwei Tage ohne Internet ist wie zwei Tage von der Bildfläche verschwunden. Zwei Tage, die ich in einer kleinen Ferienwohnung auf einem Bauernhof in der Maremma zwischen Weinreben und Olivenbäumen verbracht habe. Mit vier frechen Katzen als Gesellschaft und fern von Luxus – noch nicht einmal einen Fernseher gab es. Ich war im Süden der Toscana unterwegs, in der Nähe von Pitigliano. Ein schönes Fleckchen Erde. Sehr ruhig und noch beschaulicher.
Tag eins: einkaufen, Wäsche waschen und lesen
Was hatte mich in das toscanische Hinterland verschlagen? Mhmm, einerseits die Notwendigkeit, nach knapp zwei einhalb Wochen Reise meine Wäsche mal zu waschen, denn meine kleine Ferienwohnung beim Agriturismo San Pietro verfügte über eine Waschmaschine. Und anderseits zwei weitere touristische Highlights: die schwefelhaltigenThermalquellen von Saturnia, in denen sich schon die Römer vergügten, und das malerische Tuffstein-Städtchen Pitigliano.
Nach der Ankunft habe ich alles Allererstes einen Ausflug zum nächsten Supermarkt – 10 km entfernt – gemacht, um mich mit den notwendigsten Lebensmitteln für zwei Übernachtungen einzudecken: etwas Obst, Speck, Mozzarella, Olivenöl, Gemüse für einen Salat, Wein und Wasser. Die Bäuerin meines Agriturismo war außerdem so nett und hat mir ein paar frische Eier geschenkt. Nach dem Einkauf habe ich die Waschmaschine ausgiebig genutzt. Ich war sogar so clever und habe ein paar Wasch-Pods aus Deutschland mitgebracht. Während die Waschmaschine lief, habe ich umringt von meinen neuen Freunden, vier frechen Bauernhofkatzen, faul auf der Terrasse meiner Interimsbehausung gesessen und habe gelesen.
Saturnia
Meinen vollen Tag auf dem Land habe ich morgens für einen Ausflug genutzt: Saturnia war schon länger auf meiner Liste. Ich hatte Fotos auf Instagram gesehen. Das türkise Wasser faszinierte mich.
Tatsächlich ist es dann etwas bizarr, diese warmen und schwefeligen Quellen live und in Farbe vor Augen zu haben. Die Quellen sind frei zugänglich und kosten keinen Eintritt. Diese Treppen neben einem Haus, der Mulino, neben denen sich die Quelle über weiße Becken-Stufen ergießt, in die sich Besucher gern zum Entspannen legen wirken alledings auf Fotos im Web irgendwie spektaklärer… Man begreift schnell, dass man das „One-Million-Dollar“- Foto nur schießen kann, wenn man sich oberhalb der Quellen auf der anderen Seite über Felder seinen Weg nach unten zu den Quellen bahnt.

Mei, von der Straße aus kann man die Quellen von Saturnia auch ganz gut shooten…
Mir wird auf dieser Reise in die Toscana immer klarer, dass viele der bekannten Fotos aus der Toscana, die man vor allem auf Instagram findet, nicht ganz legal geschossen wurden. Mir sind die Menschenmassen, die ich vor ein paar Tagen aus Bussen steigen sehen habe, um an so genannten Foto Spots Bilder zu schießen (vor allem von den besagten Damen in bunten Kleidern und mit Sonnenhut vor schöner Landschaft) noch sehr im Gedächtnis, wie sie ohne Skrupel einfach in bestellte Felder stapften und Pflanzen niedertraten für ihre Fotos. Viele der so genannten „must have“ Fotos bekommt man nämlich nur, wenn man seinen Anstand über Bord wirft. Ich bin da leider oder zum Glück (je nach Ansicht) anders – ich schieße Fotos nie um jeden Preis und ich bin auch bereit, Geld zu zahlen, um an einen schönen Fotos Spot zu kommen. Wie z.B. für den Torre del Mangia in Siena letzte Woche.
Die Quellen von Saturnia selbst sind nett anzusehen. Aber ich bin ich nicht traurig darum, dass ich mir kein Bad in dem leicht nach Schwefel riechenden Gewässer gegönnt habe. Ich war morgens um kurz nach 9h dort, die Außentemperatur war schon bei um die 30 Grad und ich bin bis zu den Knien hineingegangen. Das Wasser, das aus einer unterirdischen Vulkanquelle kommt, hat immer eine Temperatur von ca. 37 Grad, was ich als nicht sehr angenehm empfunden haben, weil mir in der Sonne der Schweiß auf der Stirn stand und die Außentemperatur befreits kurz vor 30 Grad war. Mir war eher nach einer kalten Dusche…
Pitigliano
Das mittelalterliche Städtchen Pitigliano war meine zweite Station gestern bei meinem Ausflug in den Süden der Toscana. Die Stadt ist auf einem ca. 300 m hohen Tuffsteinfelsen erbaut. Die beeindruckende „Skyline“ der Stadt oben am Felsen sieht man schon an diversen Stellen auf der Statale, die nach Pitigliano führt.

Die beeindruckende „Skyline“ von Pitigliano.
Gegründet wurde die Stadt Mitte des 11. Jahrhunderts. Die Altstadt hat sich seit dem nicht so viel verändert. Es gibt enge Gassen, von den noch engere Gassen abgehen, die zu den einzelnen Häusern und Wohnungen führen. Alles ist sehr beengt und ursprünglich.
Ich mag es sehr, wie auch hier die Bewohner ihre Hauseingänge mit Blumen schmücken. Manche kleine Quergasse führt im wahrsten Sinne des Wortes zum Stadtrand – einer Mauer, von der man in die umliegenden Täler schauen kann.


Das mittelalterliche Städtchen Pitigliano ist einfach nur einzügend!
Pitigliano ist entzückend. Und wieder einmal war ich sehr froh, dass ich bereits am Anfang der diesjährigen Urlaubssaison in der Toscana unterwegs bin und zu dem eine Frühaufsteherin bin, denn so bin ich auch gestern wie schon so manches Mal auf meiner Reise vor den großen Touristenmassen, die sich ab 11h meist durch die „interessanten“ Orte schieben verschont geblieben – sowohl in Saturnia als auch in Pitigliano.
Aufreger am Abend
Einen kleinen Schock gab es dann abends noch: ich saß mit meinem Buch auf der Terrasse und hatte die Tür zu meiner Ferienwohnung zugezogen, damit meine neuen Freunde, die Katzen, nicht doch hineinschlüpfen. Als ich mir etwas zu trinken holen wollte ging dann leider die Tür nicht mehr auf und der Schlüssel steckte von innen.
Es hat den Bauern, den Herrn des Hauses, eine gute Stunde Arbeit mit schwerem Gerät (Schlagbohrmaschine mit unterschiedlichen großen Bits, von denen eins brach, Schraubenzieher, Zangen und Hammer) gekostet, bist die Tür endlich wieder auf war. Und erstaunlicher Weise hatte er auch direkt ein Ersatzschloss zur Hand, dass er gleich eingebaut hat. Ich hatte mich schon gefragt, ob ich mich wohl mit dem Gedanken fühle, wenn ich in einer Wohnung schlafe, die ich nicht abschließen kann. Nochmal alles gut gegangen…
Addesso sono in Montalcino – ora è tempo a provare un Barolo… Salute!